Neuerscheinungen
Ylva Queisser, Lidia Tirri
Leben hinter der Zuckerbäckerfassade
Erstbewohner der Karl-Marx-Allee erzählen
Wer bekam eine der begehrten Neubauwohnungen in der Berliner Vorzeigestraße
Stalinallee und wer wohnt heute dort? Wie fanden es die Menschen, in der ersten
sozialistischen Straße zu wohnen und wie erlebten sie kurz nach ihrem Einzug
die Proteste der Bauarbeiter am 17. Juni 1953?
Um das herauszufinden, begaben sich Anfang 2002 die schwedische Soziologin Ylva
Queisser und die italienische Fotografin Lidia Tirri auf die Suche nach den Menschen hinter
der Zuckerbäckerfassade. Sie besuchten eine Reihe von
Erstbewohnern, die noch heute in der Karl-Marx-Allee leben. Es entstanden eine Reihe von
Portraits, die trotz ihrer Subjektivität dem Betrachter ein Bild vom Leben in der
Paradestraße des Ostens geben. In den Details der Fotografien sind eigene
Geschichten zu entdecken und zwischen den Zeilen der Texte, sind weitere zu lesen. Genau
50 Jahre nach dem Einzug eröffnete die Ausstellung Leben hinter der
Zuckerbäckerfassade in Berlin. Zur Zeit tourt sie durch Deutschland und Italien.
Für 2004 sind weitere Ausstellungsorte in Planung.
Das vorliegende Buch dokumentiert das Material der Ausstellung. In einer Einleitung
erzählt der Architekturhistoriker Bruno Flierl in welchem historischen Kontext die
Straße entstanden ist und welchen Bedeutungswandel sie erlebt hat.
96 Seiten, 73 Abbildungen, 4farbig, Schweizer Broschur
ISBN 3-935053-05-3
Preis 18,00 Euro
Walter Scheiffele
bauhaus junkers sozialdemokratie. ein kraftfeld der moderne
Als das Weimarer Bauhaus 1925 nach Dessau kommt, beginnt dort eine neue Ära
für das ebenso berühmte wie umstrittene Institut. Wird das Bauhaus ein
BAUhaus? Kann es sein Programm einer Einheit von Kunst und Technik
realisieren?
In Dessau entwickelt sich eine Konstellation, in der Kunst, Industrie und Politik
aufeinander wirken. Ein Kraftfeld der Moderne entsteht. Neben dem liberalen
Oberbürgermeister Fritz Hesse drängt vor allem der Führer der
sozialdemokratischen Partei, Heinrich Peus, auf eine Modernisierung der Stadt. Er sorgt
zusammen mit Hesse dafür, dass das Bauhaus nach Dessau kommt, und er schafft
einer zweiten Fraktion der Moderne um Adolf Loos den Spielraum für gestalterische
Experimente. Der Flugzeugkonstrukteur Hugo Junkers gibt mit seinen Fabriken das Beispiel
einer innovativen Technik, die den Künstlern am Bauhaus nicht nur Vorbild ist,
sondern die selbst in Wettbewerb mit den Künsten tritt.
Act local think global, diese Parole Buckminster Fullers könnte
auch für die Sozialdemokraten um Heinrich Peus gelten. Sie handeln pragmatisch,
organisieren Konsumvereine, Volkshäuser und den Siedlungsbau und bewahren sich
doch ein utopisches Denken, in dem ebenso Platz für eine neue Weltsprache ist wie
für das Bauhaus als eine Kathedrale des Sozialismus. Die Phantasien
der Reformer werden beflügelt durch die vergnügt am Himmel
schwirrenden Junkersflugzeuge (Ilja Ehrenburg), die in diesen Jahren ein
weltumspannendes Luftverkehrsnetz bilden. Hugo Junkers Fabrik für
technische Neuerungen bringt nicht nur die modernsten Flugzeuge hervor, sie ist,
darin dem Bauhaus vergleichbar, ein Laboratorium, in dem vom Flugzeug bis zum
Metallhaus geforscht wird. Gropius will mit Junkers eine Hausfabrik realisieren und der
Bauhausschüler Siegfried Ebeling entwickelt bei ihm seine zukunftsweisenden Ideen
vom Raum als Membran.
Bauhaus und Hausbau wird zu einem Leitthema der Dessauer Moderne
und Dessau-Törten ein Ort, wo die Entwürfe der Avantgarde miteinander
konkurrieren. Wird das Haus der Zukunft fordistisch (Walter Gropius),
technisch-wissenschaftlich (Hugo Junkers), energetisch (Siegfried Ebeling) oder
ökologisch (Leopold Fischer, Leberecht Migge) sein?
In diesem Kraftfeld agiert das Bauhaus sieben Jahre lang bis die Reformkräfte, die
gemeinsam das Beispiel einer sozialen, technischen und künstlerischen Moderne in
Dessau gegeben haben, an ihren Widersachern scheitern. Die Politik, die der Kultur und
Technik Freiräume geöffnet hatte, schließt diese wieder. Im Kraftfeld
Dessaus ändern sich die Vorzeichen.
304 Seiten, 170 Abbildungen, englische Broschur
ISBN 3-935053-02-9
Preis 39,90 Euro
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